Bundeslager 2011

freischargrenze1Ein Grenzstreifen mit 14 Anrainerstaaten (oder waren es mehr?) – ist das möglich? Ja, das war Fakt in der Eröffnungsrunde des Bundeslagers in der Pfalz am 11. Juni 2011.
Dort taumelten zunächst „Tigger und Bär“ über den Grenzstreifen auf dem Weg ins Land ihrer Träume, welches sie in Panama vermuteten. Der uniformierte Zollbeamte Dimpelmoser bediente seine Haltekelle im schnell wechselnden Einsatz, um alle weiteren „Grenzgänger“ hinter die passenden, rotweißen Schlagbäume zu schleusen. Ha, schleusen – ein Schleuser war auch am Werk und suchte unerkannt eine Flüchtlingsgruppe oder waren es gar Terroristen, über die grüne Grenze zu bringen. Allerlei weitere Merkwürdigkeiten trieben sich auf der Lichtung herum. Da kam frohgemut ein Auswanderwilliger, der mit deutscher Bratwurst im Ausland das große Geld zu machen hoffte oder der Geschäftsreisende auf der Suche nach sich selbst, Swetlana, das ukrainische Kindermädchen, in der Hoffnung auf eine Anstellung, der Tourist auf dem Weg in die Mallorcasonne, ein Pilger wohin? zu höheren Weihen vermutlich. Ein junger Rastafaribursche wollte irgendwo „etwas einkaufen“, ein Archäologe vermutete unbekannte Schätze in den Weiten der Welt, ein Student auf der Suche nach einem Auslandsemester, grölende Fußballfans auf der Fahrt zu einem Auswärtsspiel im Schmuck ihrer Fanartikel und natürlich fehlten auch nicht schnatternde, japanische Touristen, die sich wechselseitig mit dem geplagten Herrn Dimpelmoser ablichteten – bitte recht freundlich. Und zwischendurch erschienen immer mal wieder „Tigger und Bär“ auf ihrer schier endlosen Suche nach dem Land ihrer Träume, bis sie es dann endlich gefunden hatten – im Morgenkreis der FreischarfreundInnen! Angekommen!

freischargrenze2Die anliegenden „Staaten“ gaben den Weisungen des Grenzbeamten Dimpelmoser auf Einlass gerne statt, aber nicht ohne vorher ausführlich über ihr Land und die Einreisemodalitäten zu informieren. Beides, Land und Formalitäten, legten manchmal die Vermutung nahe, man befände sich in „Absurdistan“. Die „Republik Assindia“ zum Beispiel verlangte bei der Einreise das Absingen ihrer eigenen, äußerst unbekannten Nationalhymne, „Ägypten“ ließ nur menschliche Pyramiden einreisen, am „Checkpoint Charly“ waren küchenspezifische Dienstbarkeiten gewünscht, während man im „Räuberland“ schreiend über einen Höllenschlund springen musste. Den „Italienerinnen“ galt es ein ihnen unbekanntes Lied zu singen, in „Hoppetossanien“ ein Gedicht, wenigstens fragmentarisch, zu rezitieren, in Deutschland wurden zirkusreife Kunststücke verlangt (na ja, das kennt man ja von dort), während man in „Aleksandrusien“ eurythmisch seinen Namen tanzen musste (glücklicherweise wurde vom Filzen einer Unterhose abgesehen).

Das Land „Pimpfotopia“ hatte Bedingungen, die nur von jungen, agilen Reisenden erfüllbar waren, da konnte man sich schon eher, so man denn wollte, ins „Schweiniland“ hineingrunzen oder die Grenzbeamten von“ Winnischikistan“ mit Gefälligkeiten oder Süßigkeiten bestechen. Mit Twister spielte man sich in langer Prozedur ins „Bonnbufoland“ und wollte man „Skaldinarien“ bereisen, so hatte man Schutzzauber gegen EHEC, BSE etc. beizubringen, während in Bukanistan ein weißes Formular? erforderlich war, sehr geheimnisvoll!

Erfrischend gestaltete sich hingegen die Einreise nach „tir na nOg“, dem „Land der Ewigjungen“. Hatte man den Jungbrunnen Formel murmelnd durchschritten, wurde auch das Innere des nach ewiger Jugend lechzenden Besucher mit einem altersentsprechenden Eau de Vie benetzt. An diesem Grenzposten wurde übrigens eine außergewöhnlich rege Reisetätigkeit registriert.

Bei all den Schwierigkeiten, die sich hier im Tal bei Waldleiningen den Reisenden im sonst doch grenzenlosen Europa entgegenstellten, sei doch die Frage erlaubt, was den Einzelnen dabei antrieb, sich diesen Anforderungen zu unterwerfen?
Die Stempel waren es, die Stempel im Reisepass, aber das ist eine andere Geschichte.

freischarpassDer Reisepass ist ein amtliches Dokument zur Identifizierung und Registrierung, das zum Passieren der Grenzen zu einem anderen Hoheitsgebiet /Land berechtigt. Bei einem solchen Grenzübertritt erhält der Passinhaber/ die Passinhaberin jeweils bei der Ein-und Ausreise einen Stempel in dieses Dokument. Zu einer Zeit lange vor dem „ Schengener Abkommen“, welches erstmals 1985 zwischen Frankreich, Deutschland und den Beneluxstaaten den Wegfall dieser Reiseformalitäten ermöglichte und dann in weiteren Verhandlungen inhaltliche und Staatengemeinschaftliche Erweiterungen erfuhr, in jener Zeit also war das „Sammeln“ von Stempeln im Reisepass beliebte Praxis unter den Bündischen. Wer hatte die meisten, wer hatte die exotischsten? In den 50/60iger Jahren versuchten junge Juja tragende Männer mit einer solchen Stempelsammlung ihren auserwählten, ebenfalls Juja tragenden Mädchen zu imponieren, um irgendwelche Ziele zu verfolgen – welche auch immer -?! Auch sonst gestaltete sich damals an manchen Grenzen Europas die Einreise nicht so leicht wie heute. Zum Beispiel erhielt man ein gewünschtes Einreisevisum ins ehemalige Jugoslawien nur über die schwedische Botschaft in Bonn, das setzte Planung und keine Spontaneität voraus oder ein Durchreisevisum durch Jugoslawien nach Griechenland war auf nur 24 Std. begrenzt und ließ die trampenden Brüder und Schwestern der Bündischen Zunft auf dem Autoput (unfallträchtige Transitstrecke durch Yugoland) ganz schön ins Schwitzen geraten! Das ist heute in Europa zumeist Historie, auch wenn die neuesten Berichte von der Deutsch-Dänischen Grenze einen Rückfall in alte Zeiten vermuten lassen.

Doch nun zurück zum Bundeslager 2011 mit seinen Grenzen, Einreisemodalitäten und Reisepässen. Nach der erhellend – erheiternden Morgenrunde der Drachenreiter und Wolpertinger aus Essen erfuhr das Freischarvolk, dass ein Jeder nach Zahlung des üblichen Lagerbeitrags diesmal einen Reisepass erhalten würde, der zum Einreisen, natürlich unter Berücksichtigung der gewünschten Modalitäten, und zum Sammeln vieler bunter Stempel berechtigte. Wo bekommt man einen Pass? Natürlich im lagereigenen Passamt und schnell bildete sich davor eine lange Menschenschlange. Ein Fotografierautomat war ebenfalls dort installiert. Leider war dessen Fokus zunächst zu hoch eingestellt, sodass mattels Passbild nur seinen Oberkopf bis zu den Augen erfasste. Eine vielbewunderte Rarität! Schnell behob das technische Personal den Fehler und die „Fotolinse“, namens Winni, konnte ihre Arbeit fehlerfrei ausführen. Nun hieß es auf das Erscheinen des Schalterbeamten zu warten, der sein Kommen aber immerhin mit einem Schild „komme bald zurück“ in Aussicht stellte. Das Volk murrte, aber irgendwann war es dann soweit. Man nahm einzeln vor der Theke Platz, reichte sein Passbild nebst persönlichen Daten und einen Geldschein über den Tresen und erhielt endlich das mehrfach abgestempelte und dem Reisepass der Bundesrepublick Deutschland täuschend ähnliche Passdokument in der Hand.

Der Behörde, Murmel, Griba und allen BeamtInnen sei Dank! Man konnte nun unendlich reisen und sich mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Tricks – Stempel ergattern! Siehe oben! Fazit: Super!

von Schna