Die Deutsche Freischar in Bremerhaven und umzu 1945–1970

Im Frühjahr 2022 hat die „Deutsche Freischar – Bund der Wandervögel und Pfadfinder“ ein umfangreiches Buch herausgegeben, das sich mit der Jugendgeschichte und der Neugründung freier Jugendgruppen unmittelbaren nach dem Zweiten Weltkrieg und in der jungen Bundesrepublik befasst. Das Werk mit dem Titel „Wir sind wie der Wind, der über Landstraßen geht …“ ist eine Gemeinschaftsarbeit unmittelbar Beteiligter Freischarlerinnen und Freischarler aus Bremerhaven. Damit ist zunächst ein regionaler Bezug gegeben, der sich aber auch zunehmend stark erweitert, so dass dieses Buch in vielen Teilen exemplarisch für das beschriebene Geschehen in (West-) Deutschland und für die Deutsche Freischar allgemein stehen kann.

Die Autorinnen und Autoren erlebten als Kinder und Jugendliche mit wachen Augen das Ende des Zweiten Weltkriegs im Mai 1945. Das Land, in dem sie lebten, lag in Trümmern. Auf den Dörfern sammelten sich ausgebombte Bewohner der zerstörten Städte. Flüchtlingstrecks zogen aus den östlichen Teilen des untergehenden NS-Reiches in den Westen auf der Suche nach Zuflucht. Es fehlte an allem, was zum Leben und Überleben nötig war.

In dieser Situation gründeten zunächst einige Jungen, dann auch Mädchen, in den Dörfern Hahnenknoop und Stotel unweit von Wesermünde (ab 1947 Bremerhaven genannt) eine Jugendgruppe, die sie Wandervogel nannten. Bis dahin waren sie durch das NS-Gesetz über die „Jugenddienstpflicht“ Mitglieder des „Deutschen Jungvolks“ oder des „Jungmädelbundes“ in der Hitlerjugend gewesen. Die anbrechende Zeit des Besatzungsregimes und deren Ungewissheit wollten sie in selbstgewählter solidarischer Gemeinschaft bestehen. Bis dahin hatten sie vormilitärischen Drill, NS-Propaganda, Bombenkrieg, in manchen Fällen die Flucht aus dem Osten, den Verlust von Angehörigen, auch den des Vaters im Krieg erlebt. Die Zukunft lag völlig im Dunkeln, aber sie sollte der Not gehorchend aus eigenem Vermögen gemeinsam gestaltet werden. Dafür nahmen die Beteiligten große Anstrengungen auf sich und erkämpften sich ihr Jugendreich gegen alle Widerstände.

Über die Anfänge dieser zunächst ganz eigenständigen Jugendgruppe, ihre vielfältigen Unternehmungen anfangs im engeren Heimatbereich, dann auf größeren Fahrten in Deutschland und außerhalb seiner Grenzen – bereits 1951 ging eine erste „Großfahrt“ bis nach Sizilien – wird in vielfältiger Weise berichtet. Aber auch den Entwicklungsprozess von der ersten kleinen autonomen Gruppe hin zum großen Bremerhavener „Ernst-Buske-Ring“ der Deutschen Freischar dokumentiert dieses Buch in Selbstzeugnissen Beteiligter.

Der behandelte Zeitraum überspannt die ersten 25 Jahre im Westdeutschland der Nachkriegszeit, in denen auch neue „Jugendbewegungen“ entstanden: Die große Begeisterung für Beat, Blues, Rock, Pop und die Zeit der 1968er Studenten- und Schülerbewegung. Beide Strömungen erfassten auch die Mitglieder des „Ernst-Buske-Rings“ der Deutschen Freischar in „Bremerhaven und umzu“. – Auch hierüber wird berichtet.

Dem Buch ist ein Geleitwort des Zeithistorikers Prof. Dr. Jürgen Reulecke vorangestellt. Es umfasst 521 Seiten und ist in einen Hauptteil mit sechs Kapiteln und einen umfangreichen Material- und Dokumentenanhang gegliedert. Es enthält viele Fotos mit begleitenden Erläuterungen. Sein Druck wurde von der Stiftung Dokumentation der Jugendbewegung gefördert, auch durch direkte Spenden und von der Deutschen Freischar.

Zu beziehen ist das Buch zum Preis von 24,80 € durch eine Internetbestellung bei dem Verlag der Jugendbewegung/Berlin unter jugendbewegung.de